Frühauslöser für Alzheimer entdeckt

Forschungsteam entdeckt erstmals Frühauslöser für Alzheimer

Allein in Deutschland leben derzeit rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz. Die meisten von ihnen leiden unter der Krankheit Alzheimer. Da das Alter als Hauptrisikofaktor gilt, sind durch die steigende Lebenserwartung in Folge immer mehr Menschen von Alzheimer betroffen. Jahr für Jahr kommt es zu rund 300.000 Neuerkrankungen - bis 2050 könnte sich die Zahl der Alzheimer-Fälle auf rund 3 Millionen erhöhen. 

Neben Gedächtnis- und Orientierungsstörungen sind auch Beeinträchtigungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie eine Veränderung der Persönlichkeit typische Symptome für Alzheimer. 

Wie schnell die Erkrankung fortschreitet, ist individuell verschieden, meist verschlechtert sich der Zustand der Alzheimer-Patienten mit zunehmendem Alter stetig. Ab einem gewissen Grad sind Betroffene dann nicht mehr in der Lage den Alltag ohne Hilfe zu meistern. 

Angesichts der demografischen Veränderungen und den zu erwartenden stark zunehmenden Neuerkrankungen werden die Alzheimer-Forschungen seit Jahren mit Hochdruck vorangetrieben.

Da es bei der Alzheimer-Erkrankung zu einem kontinuierlichen Absterben der Nervenzellen, der Nervenverbindungen sowie zu Proteinablagerungen von Beta-Amyloid in den Hirnstrukturen kommt, zielten bisherige Therapieansätze primär darauf ab, diese Proteinablagerungen zu entfernen. Überzeugende Ergebnisse wurden dadurch jedoch nicht erzielt.

Neben Protein-Verklumpungen in den Hirnstrukturen zeigt sich Alzheimer aber auch in Form von übermäßig aktiven Nervenzellen in bestimmten Hirnarealen. Diese Überaktivität lässt sich bereits lange vor dem Auftreten erster Symptome beobachten und gerät in letzter Zeit immer mehr in den Fokus der Alzheimer-Forschung:

„Entscheidend ist, dass wir die Krankheit viel früher erkennen und behandeln. Unsere Ansatzpunkte waren deshalb die überaktiven Nervenzellen, die schon sehr früh auftreten – lange bevor die Patientin oder der Patient Gedächtnisausfälle hat“, erklärt Prof. Arthur Konnerth, Hertie Senior Professor für Neurowissenschaften an der TUM. Prof. 

Konnerth und sein Forschungsteam konnte in jüngsten Untersuchungen erstmals den Auslöser für diese frühe Störung im Gehirn von Alzheimer-Patienten ausmachen:

Damit Nervenzellen miteinander kommunizieren können, werden Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, ausgeschüttet. Glutamat, einer der wichtigsten Botenstoffe wird dazu in den synaptischen Spalt zweier Zellen freigesetzt, sodass die Informationen weitergeleitet werden. Anschließend müssen die Moleküle des Botenstoffs allerdings schnell wieder abtransportiert werden, um die Wirkung zu beenden. 

Das Forschungsteam von Konnerth fand heraus, dass bei Alzheimer-Patienten, der Botenstoff Glutamat zu lange in zu hoher Konzentration im synaptischen Spalt verharrte und so die Überaktivität der Nervenzellen verursachte. 

Als Auslöser für den verzögerten Abbau des Botenstoffs konnte das Forschungsteam der TUM Proteinablagerungen der beta-Amyloid-Moleküle identifizieren.
Sie blockieren die Nervenzellmembranen, sodass das Glutamat nicht abgebaut werden kann. Diese Blockade und daraus resultierende Überreizung der Nervenzellen ist wahrscheinlich entscheidend für die beeinträchtigte Lern- und Merkfähigkeit von Alzheimer-Patienten.

Für den Nachweis verwendete das Forschungsteam sowohl beta-Amyloid-Moleküle aus Patientenproben sowie Mausmodelle - mit dem gleichen Resultat. 

Aber nicht nur die Ablagerungen des Proteins blockieren den Abbau der Botenstoffe: 

Das Forschungsteam konnte darüber hinaus erstmals zeigen, dass die Glutamat-Blockade bereits von einer frühen löslichen Form des beta-Amyloid, den sogenannten Dimeren, ausgelöst wird. 
Damit konnten sie nachweisen, dass nicht nur die bereits bekannten Verklumpungen von Proteinen ursächlich für Alzheimer waren. 

Auch die lösliche Frühform des Proteins beta-Amyloid gilt als Auslöser. Mit der Zeit kommt es dann zu unlöslichen Verklumpungen in der Hirnstruktur und in Folge zum Absterben der Nervenzellen, die verantwortlich für das Aufkommen erster Symptome sind.
Die Ergebnisse der Untersuchungen liefern also einen klaren Beweis für die toxische Wirkung bestimmter Beta-Amyloid-Formen

Das Forschungsteam will die neu gewonnen Erkenntnisse nun nutzen, um das Verständnis für die Entstehung von  Alzheimer auf zellulärer Ebene zu erweitern. So soll dieses Wissen für zukünftige Therapieansätze weiterentwickelt werden, um Alzheimer in einem besonders frühen Stadium, im Idealfall lange bevor erste Symptome auftreten, effektiv zu behandeln. 

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