Neuer Tuberkulose-Impfstoff gegen Blasenkrebs

Forschungsteam entwickelt neues Medikament zur Behandlung von Blasenkrebs

Das Immunsystem schützt uns täglich vor Krankheitserregern und schaltet zugleich bösartig veränderte Zellen, potentielle Krebszellen, aus.
Gezielte Behandlungen mit geschwächten Krankheitserregern werden aus diesem Grund in der Medizin eingesetzt, um das körpereigene Immunsystem bei der Beseitigung von Krebszellen zu unterstützen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts konnten Ärzte beobachten, dass Tumore von Krebspatienten schrumpften, wenn diese unter einer bakteriellen Infektion mit hohem Fieber litten. Dadurch wurde die Basis für die heutige Immuntherapie bei Krebs geschaffen: Die Immuntherapie stimuliert das Immunsystem und erzielt gleichzeitig einen Rückgang der Tumorzellen.

Seit den 1970er Jahren wird auf dieser Grundlage der Tuberkulose-Impfstoff Bacille Calmette-Guérin (BCG) zur Behandlung von Blasenkrebs eingesetzt:

Über einen Zeitraum von sechs Wochen wird die Blase immer wieder mit abgeschwächten Rinder-Tuberkulose-Erregern des Impfstoffs BCG gespült. Die dadurch ausgelöste Immunreaktion führt zu einer Aktivierung der körpereigenen Fresszellen, die wiederum auch potenzielle Erreger sowie veränderte Zellen beseitigt.
Der Anteil der Patienten, der nach dieser BCG-Therapie den Krebs vollständig bekämpfen konnte, ist dennoch gering. Hinzu kommen gravierende Nebenwirkungen wie Fieber, grippeähnliche Symptome und Inkontinenz sowie eine Rückfallquote von 30 bis 40 Prozent. Dies führt dazu, dass viele Patienten die BCG-Therapie vorzeitig beenden. Kehrt der Krebs zurück, ist die vollständige Entfernung der Harnblase meist die einzige Behandlungsmöglichkeit.

Dem Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie in Berlin ist es nun gelungen den Tuberkulose-Impfstoff BCG genetisch zu verändern: Das Team veränderte die abgeschwächten Tuberkulose-Bakterien so, dass die vom Immunsystem besser erkannt werden. Dadurch wird das Abwehrsystem gezielt stimuliert und ein besonders effektiver Schutz gegen Tuberkulose geboten.
Der neue Impfstoff VPM1002 wird, wie BCG, von den Fresszellen des Immunsystems aufgenommen, die sich anschließend gezielt auf Tuberkulose-Bakterien und Krebszellen richten.
Im Rahmen einer klinischen Studie zeigte der Impfstoff VPM1002 nicht nur einen verbesserten Schutz gegen Tuberkulose-Bakterien - auch Krebszellen scheinen durch die Behandlung besser erkannt und zerstört zu werden.
Fast bei der Hälfte der Patienten, die zuvor nicht auf die BCG-Therapie ansprachen, konnte die Therapie mit VPM1002 das Wiederauftreten neuer Tumore erfolgreich verhindern.

Diese Ergebnisse könnten die vorzeitige Zulassung des Medikaments zur Blasenkrebstherapie ermöglichen. Auf diese Weise sollen möglichst viele Patienten schnell davon profitieren.
VPM1002 wird vom größten Impfstoffhersteller der Welt, dem Serum Institut of India mit der in Hannover sitzenden Vakzine Projekt Management GmbH (VPM) entwickelt.
Eine Phase I-Studie ergab bereits, dass der neue Impfstoff sicher und gut verträglich ist.

In einer klinischen Studie (SAKK 06/14) wurde nun vom Universitätsspital Basel und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung wurde nun untersucht, ob sich durch die Behandlung mit VPM1002 eine Entfernung der Harnblase vermeiden lässt.
In einer Phase II-Studie wurden Blasenkrebs-Patienten behandelt, bei denen der Krebs nach einer BCG-Behandlung zurückgekehrt war. Mit einer erneuten Behandlung mit VPM1002 waren über 49 Prozent der Patienten nach 60 Wochen tumorfrei, so Leander Grode, Geschäftsführer von VPM. Dadurch konnte auch die vollständige Entfernung der Harnblase vermieden werden.

Die beeindruckenden Ergebnisse bestärken die Entwickler darin, sobald wie möglich eine vorzeitige Marktzulassung von VPM1002 zu erwirken. So können möglichste viele Patienten, die auf die herkömmliche Therapie mit BCG nicht ansprechen, zeitnah mit dem weiterentwickelten Medikament behandelt werden. Derzeit sind Gespräche mit der Europäischen Arzneimittelagentur geplant, um eine europaweite Zulassung zu erreichen.

Als starker Partner könnte das Serum Institut of India die benötigte Menge an Medikamenten mit Hilfe moderner und innovativer Herstellungsmethoden zügig produzieren und den weltweiten Bedarf an VPM1002 abdecken.

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