Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

Familie und Kinder gehören für viele zu einem erfüllten, glücklichen Leben. Der gesellschaftliche Wandel, die längere Lebenserwartung und Umweltveränderungen führen dazu, dass immer mehr Paaren der Kinderwunsch nicht ohne weiteres erfüllt wird. Experten schätzen, dass circa jedes siebte Paar ungewollt kinderlos ist.

 

In rund 130 Kinderwunschkliniken bundesweit stehen moderne Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um den Herzenswunsch dieser Paare nach einem Baby in Erfüllung gehen zu lassen, wenn alle Versuche, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen, vergeblich waren.

Das derzeit modernste Verfahren in der Kinderwunschbehandlung ist die sogenannte intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Sie ist eine Zusatzmethode im Rahmen der IVF-Behandlung. Diese in Deutschland seit 1992 eingesetzte Methode kommt für Paare infrage, bei denen eine Befruchtung weder im Eileiter noch unter Laborbedingungen gelingen kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Samenflüssigkeit des Mannes nicht genug Samenzellen (Spermien) enthält oder die Samenzellen zu unbeweglich sind. ICSI ist somit heute die erfolgreichste Methode bei der Behandlung der Unfruchtbarkeit des Mannes und wird heutzutage in fast der Hälfte aller IVF-Behandlungen angewendet. 

Zunehmend wird ICSI auch zur Kinderwunschbehandlung eingesetzt, wenn bei beiden Partnern eine Fruchtbarkeitsstörung vorliegt oder die Ursache des unerfüllten Kinderwunsches nicht gefunden werden kann. Außerdem kommt ICSI gehäuft bei Frauen ab 35 zum Einsatz, da sich hier die Beschaffenheit und Dicke der Eihaut aufgrund von Altersveränderungen ungünstig entwickeln kann.

Vom Behandlungsablauf her unterscheidet sich die ICSI nicht von der In-vitro-Fertilisation (IVF). Die Unterschiede der Behandlung finden im Labor statt: Dort wird bei der ICSI jeweils in eine Eizelle ein Spermium von guter Qualität injiziert. Die Mikro-Injektion ahmt somit den natürlichen Vorgang des Eindringens einer Samenzelle in die Eizelle nach – die Spermien müssen den Weg zur und in die Eizelle nicht selbst finden. 

Behandlungsablauf der ICSI

Vorbereitung auf eine ICSI

Bei der erstmaligen Vorstellung des Paares in der Kinderwunschsprechstunde erfolgt zunächst eine ausführliche Anamneseerhebung, eine körperliche Untersuchung der Partnerin, eine Blutentnahme und eine Besprechung der bereits vorliegenden Befunde. Um festzustellen, wie befruchtungsfähig die Samenzellen des Mannes sind, werden die Spermien vor Beginn der Behandlung untersucht und die Ergebnisse in einem sogenannten Spermiogramm festgehalten. Es gibt unter anderem Aufschluss über die Menge der gewonnenen Samenflüssigkeit, die Spermienkonzentration, die Anzahl der beweglichen sowie der normal geformten Spermien. Weil Spermiogramme unterschiedlich ausfallen können, wird die Untersuchung oft im Abstand von einigen Wochen wiederholt. Um die passende Behandlung für ein Paar auswählen zu können, ist eine wichtige Frage, bei welchen Spermiogramm-Werten die IVF oder die ICSI am erfolgversprechendsten ist. 

Es kann vorkommen, dass sich in der Samenflüssigkeit des Mannes keine Samenzellen befinden. Mithilfe eines operativen Eingriffs kann in manchen Fällen Sperma direkt aus den Hoden (TESE) oder den Nebenhoden (MESA) gewonnen werden. Die anschließende künstliche Befruchtung wird dann nach der ICSI-Methode durchgeführt.

Ein vollständiger ICSI-Zyklus dauert vier bis sechs Wochen. Beide Partner müssen einen ganzen Tag in der Klinik für die Entnahme der Eizelle und des Spermas einplanen und einen weiteren etwa zwei bis fünf Tage später, damit die Embryonen übertragen werden können. 

Der Ablauf und die Vorbereitung einer ICSI ist bis auf zwei Abweichungen nahezu identisch mit der der In-Vitro-Fertilisation (IVF). Lediglich die Gewinnung der Samenfäden und die Art der Befruchtung unterscheiden sich. Allerdings erfordert die ICSI im Vergleich zur IVF bei beiden Partnern eine gründliche Vorbereitung.

1. Hormontherapie  

Bei einer ICSI steht, ebenso wie bei einer IVF, am Anfang der Behandlung meistens die sogenannte Downregulation. Hormonpräparate sollen die körpereigene Hormonausschüttung der Frau unterdrücken und so einen vorzeitigen Eisprung verhindern. Je nach Behandlungsschema beginnt bis zu 14 Tage später die hormonelle Stimulation der Eierstöcke. Sie soll die Eierstöcke dazu anregen, mehrere Eibläschen gleichzeitig reifen zu lassen. Dadurch erhöhen sich die Chancen, mehrere befruchtungsfähige Eizellen zu gewinnen.

Für die Hormonstimulation kommen unterschiedliche Hormonpräparate, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen, infrage. Sie werden entweder direkt  mithilfe einer Injektion verabreicht, oder als Tablette eingenommen. Da in seltenen Fällen eine Überstimulation der Eierstöcke auftreten kann, muss die Behandlung ärztlich gut überwacht werden.

2. Künstliche Befruchtung und Einpflanzung 

Mit einer Injektion des Hormons hCG wird etwa zehn bis 14 Tage nach Beginn der Hormonstimulation, ebenso wie bei der IVF-Behandlung, der Eisprung eingeleitet. Etwa 36 Stunden später werden die befruchtungsfähigen Eizellen entnommen. Der Eingriff wird gewöhnlich über die Scheide durchgeführt, wird mittels Ultraschall überwacht und dauert nur wenige Minuten. 

Parallel zur Eizellentnahme wird auch das Sperma des Mannes benötigt und durch Masturbation gewonnen. Falls Sperma des Partners nicht auf natürliche Weise gewonnen werden kann oder falls im Ejakulat nur wenige Spermien zu finden sind, können können die für die ICSI nötigen Spermien mit einem mikrochirurgischen Eingriff direkt aus den Hoden oder den Nebenhoden gewonnen werden. 

Falls das Sperma des eigenen Partners nicht verwendet werden kann, kann das Paar alternativ auch eine Insemination mit Spendersamen durchführen. Hierbei wird das Sperma eines Spenders zur Befruchtung der weiblichen Eizelle verwendet. 

Während bei einer In-Vitro-Fertilisation nach etwa dreistündiger Ruhe im Inkubator im nächsten Schritt einige zehntausend Samenzellen zusammen mit einer Eizelle in eine Petrischale gegeben werden und die Befruchtung ohne weitere „Unterstützung“ abläuft, wird bei der ICSI pro Eizelle ein einziger Samenfaden ausgewählt und in das Zytoplasma der Zelle gespritzt. Dafür wird die Eizelle unter dem Mikroskop fixiert und das Spermium mithilfe einer sehr feinen Nadel in den Zellkern injiziert. Dieser Vorgang wird mit mehreren Eizellen und Samenfäden durchgeführt, um im Idealfall mehrere Embryonen zu erhalten. Nach Abschluss der Behandlung werden die injizierten Eizellen in eine neue Kulturschale mit einer frischen Nährlösung gesetzt.

Nach etwa 18 Stunden im Brutschrank kann festgestellt werden, bei welchen Eizellen die Befruchtung tatsächlich Erfolg hatte. Nach 24 bis 72 Stunden liegt dann bereits eine ausreichende Zellteilung vor und die befruchtete Eizelle ist ins Embryonenstadium eingetreten. 

Mithilfe eines neuen Verfahrens, dem sogenannten Assisted Hatching, kann das Einnisten des Embryos in die Gebärmutter unterstützt werden. Dazu wird mithilfe eines Lasers die Eihülle ausgedünnt, um dem Embryo das Schlüpfen zu erleichtern. Die Gefahr, den Embryo dabei zu verletzen, ist praktisch ausgeschlossen.

Liegen in der Familie des Paares, dass sich einer Kinderwunschbehandlung unterzieht, schwerwiegende Erbkrankheiten vor, sodass eine starke Schädigung von Nachkommen als wahrscheinlich gilt, ist es den Reproduktionsmedizinern möglich, mithilfe der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) schwerwiegende Erbkrankheiten beziehungsweise genetische Erkrankungen und Chromosomenschäden ausfindig zu machen. Die Präimplantationsdiagnostik kann zum Einsatz kommen, wenn Verdacht auf eine schwere monogen vererbbare Krankheit (Mutation auf einem Gen), eine Chromosomenstörung oder eine geschlechtsgebundene schwere Erbkrankheit besteht. Mithilfe der angewandten Methoden kann zwischen gesunden und defekten Embryonen selektiert werden.

Nun kann der Embryonentransfer in die Gebärmutter der Frau stattfinden. Wie auch bei einer IVF-Behandlung wird die Eizelle ambulant mit einem Katheter über Scheide und Muttermund in der Gebärmutter platziert. Je nach Alter der Frau werden bis zu drei befruchtete Eizellen eingepflanzt, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung zu erhöhen. 

Die durchschnittliche Erfolgsquote für ICSI bei Frauen unter 35 Jahren beträgt circa 27%. Insgesamt ist die Chance, nach einer ICSI ein Kind zu bekommen, jedoch umso geringer, je älter eine Frau ist. Studien weisen zudem darauf hin, dass die Methode im Vergleich zur herkömmlichen IVF nicht zu höheren Geburtenraten führt, wenn der Mann normal fruchtbar ist.

Bei jeder ICSI können auch einzelne Behandlungsschritte misslingen. Es ist möglich, dass trotz Hormonstimulation keine befruchtungsfähigen Eizellen gefunden werden. Oder es kommt zu keiner Befruchtung. Häufig nistet sich der Embryo nicht in der Gebärmutter ein.

Eine Hormonstimulation kann zudem seelisch und körperlich belastend und mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein. Es können Bauchschmerzen, Übelkeit, Spannungsgefühle im Bauch sowie Kurzatmigkeit auftreten.

In äußerst seltenen Fällen kommt es während einer Kinderwunsch-Therapie zum sogenannten Überstimulationssyndrom der Eierstöcke, das jedoch mittlerweile medikamentös sehr gut behandelbar ist. 

Bei der Übertragung von zwei oder (selten) drei Embryonen besteht die Gefahr, dass sich eine Mehrlingsschwangerschaft entwickelt. Sie bringt für eine Schwangere eine deutlich höhere körperliche Beanspruchung mit sich. Auch das Risiko von vorzeitigen Wehen und Frühgeburten ist bei Mehrlingen deutlich erhöht.

Neben den körperlichen Beschwerden kann die Therapie auch eine starke psychische Belastung des Paares zur Folge haben. Das gilt vor allem dann, wenn die Behandlung über einen längeren Zeitraum durchgeführt wird und ein großer Teil des Lebens nach Untersuchungs- oder Kontrollterminen beim Arzt ausgerichtet werden muss. Ärzte können in diesem Fall eine psychologische Begleitung empfehlen.

Trotz der Risiken ist die ICSI eine relativ sichere und erfolgversprechende Methode und steht in der Reproduktionsmedizin inzwischen an erster Stelle.

Kosten der ICSI

Die einzige von den Krankenkassen anerkannte Indikation für die Durchführung einer ICSI-Behandlung ist eine schwere Störung der männlichen Fruchtbarkeit, nachgewiesen durch zwei aktuelle Spermiogramme im Abstand von mindestens 12 Wochen. Liegt eine schwere Störung der männlichen Fruchtbarkeit vor, die eine ICSI notwendig macht, müssen Betroffene vor Beginn der Behandlung bei ihrer Krankenkasse einen Behandlungsplan mit Nennung der vermutlich entstehenden Kosten (Medikamentenkosten, Arzthonorar, Laborkosten) zur Genehmigung einreichen.

Ein solcher Behandlungsplan wird von den Ärzten der Kinderwunschsprechstunde vorbereitet. Liegen für die Durchführung einer ICSI die oben genannten Voraussetzungen sowie weitere sozialrechtliche Voraussetzungen vor (das Paar muss verheiratet sein, beide Partner dürfen nicht jünger als 25, der Mann nicht älter als 50 und die Frau nicht älter als 40 Jahre alt sein), werden die Kosten für eine Kinderwunsch-Behandlung bei gesetzlich Versicherten zu 50 % von der Krankenkasse übernommen. Die Kostenübernahme ist jedoch auf insgesamt drei Behandlungszyklen begrenzt, auch wenn während der Kinderwunschbehandlung von IVF zu ICSI gewechselt wird. 

Nach der ICSI

In folgenden zwei bis drei Tagen nach dem Embryonentransfer sollte sich die Frau schonen, Stress und Geschlechtsverkehr vermeiden und auch keine schweren körperlichen Arbeiten durchführen. Diese Vorsichtsmaßnahmen sollen das Einnisten des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut erleichtern. 

In der zweiten Zyklushälfte wird zwei Wochen lang die Gelbkörperphase durch Gabe des Gelbkörperhormons unterstützt. Das Hormon kann entweder in Form von Injektionen in den Muskel, in Form von Gels oder Kapseln, die in die Scheide eingeführt oder auch in Tablettenform verabreicht werden. Etwa 14 Tage nach der Übertragung des Embryos oder der Embryonen in die Gebärmutter lässt sich anhand des Schwangerschaftshormons hCG im Blut feststellen, ob eine Schwangerschaft begonnen hat. Um sicherzugehen, werden mehrmals Kontrolluntersuchungen durchgeführt.

Etwa einen Monat nach dem Transfer lässt sich dann bei einer Ultraschall-Untersuchung erkennen, ob der Embryo lebt und ob es sich um einen Einling oder um Mehrlinge handelt.

Ein vollständiger ICSI-Zyklus dauert vier bis sechs Wochen. Beide Partner müssen einen ganzen Tag in der Klinik für die Entnahme der Eizelle und des Spermas einplanen und einen weiteren etwa zwei bis fünf Tage später, damit die Embryonen übertragen werden können. 

Bei Nichtbestehen einer Schwangerschaft können in Absprache mit dem Reproduktionsmediziner weitere IVF-Behandlung durchgeführt werden. Unter Umständen ist es jedoch sinnvoll, zunächst einen Zyklus Pause einzuplanen. 

Bis zum 4. ICSI-Zyklus steigt die Gesamterfolgsrate durchschnittlich deutlich an.

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