Vorbereitung auf eine ICSI
Bei der erstmaligen Vorstellung des Paares in der Kinderwunschsprechstunde erfolgt zunächst eine ausführliche Anamneseerhebung, eine körperliche Untersuchung der Partnerin, eine Blutentnahme und eine Besprechung der bereits vorliegenden Befunde. Um festzustellen, wie befruchtungsfähig die Samenzellen des Mannes sind, werden die Spermien vor Beginn der Behandlung untersucht und die Ergebnisse in einem sogenannten Spermiogramm festgehalten. Es gibt unter anderem Aufschluss über die Menge der gewonnenen Samenflüssigkeit, die Spermienkonzentration, die Anzahl der beweglichen sowie der normal geformten Spermien. Weil Spermiogramme unterschiedlich ausfallen können, wird die Untersuchung oft im Abstand von einigen Wochen wiederholt. Um die passende Behandlung für ein Paar auswählen zu können, ist eine wichtige Frage, bei welchen Spermiogramm-Werten die IVF oder die ICSI am erfolgversprechendsten ist.
Es kann vorkommen, dass sich in der Samenflüssigkeit des Mannes keine Samenzellen befinden. Mithilfe eines operativen Eingriffs kann in manchen Fällen Sperma direkt aus den Hoden (TESE) oder den Nebenhoden (MESA) gewonnen werden. Die anschließende künstliche Befruchtung wird dann nach der ICSI-Methode durchgeführt.
Ein vollständiger ICSI-Zyklus dauert vier bis sechs Wochen. Beide Partner müssen einen ganzen Tag in der Klinik für die Entnahme der Eizelle und des Spermas einplanen und einen weiteren etwa zwei bis fünf Tage später, damit die Embryonen übertragen werden können.
Der Ablauf und die Vorbereitung einer ICSI ist bis auf zwei Abweichungen nahezu identisch mit der der In-Vitro-Fertilisation (IVF). Lediglich die Gewinnung der Samenfäden und die Art der Befruchtung unterscheiden sich. Allerdings erfordert die ICSI im Vergleich zur IVF bei beiden Partnern eine gründliche Vorbereitung.
1. Hormontherapie
Bei einer ICSI steht, ebenso wie bei einer IVF, am Anfang der Behandlung meistens die sogenannte Downregulation. Hormonpräparate sollen die körpereigene Hormonausschüttung der Frau unterdrücken und so einen vorzeitigen Eisprung verhindern. Je nach Behandlungsschema beginnt bis zu 14 Tage später die hormonelle Stimulation der Eierstöcke. Sie soll die Eierstöcke dazu anregen, mehrere Eibläschen gleichzeitig reifen zu lassen. Dadurch erhöhen sich die Chancen, mehrere befruchtungsfähige Eizellen zu gewinnen.
Für die Hormonstimulation kommen unterschiedliche Hormonpräparate, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen, infrage. Sie werden entweder direkt mithilfe einer Injektion verabreicht, oder als Tablette eingenommen. Da in seltenen Fällen eine Überstimulation der Eierstöcke auftreten kann, muss die Behandlung ärztlich gut überwacht werden.
2. Künstliche Befruchtung und Einpflanzung
Mit einer Injektion des Hormons hCG wird etwa zehn bis 14 Tage nach Beginn der Hormonstimulation, ebenso wie bei der IVF-Behandlung, der Eisprung eingeleitet. Etwa 36 Stunden später werden die befruchtungsfähigen Eizellen entnommen. Der Eingriff wird gewöhnlich über die Scheide durchgeführt, wird mittels Ultraschall überwacht und dauert nur wenige Minuten.
Parallel zur Eizellentnahme wird auch das Sperma des Mannes benötigt und durch Masturbation gewonnen. Falls Sperma des Partners nicht auf natürliche Weise gewonnen werden kann oder falls im Ejakulat nur wenige Spermien zu finden sind, können können die für die ICSI nötigen Spermien mit einem mikrochirurgischen Eingriff direkt aus den Hoden oder den Nebenhoden gewonnen werden.
Falls das Sperma des eigenen Partners nicht verwendet werden kann, kann das Paar alternativ auch eine Insemination mit Spendersamen durchführen. Hierbei wird das Sperma eines Spenders zur Befruchtung der weiblichen Eizelle verwendet.
Während bei einer In-Vitro-Fertilisation nach etwa dreistündiger Ruhe im Inkubator im nächsten Schritt einige zehntausend Samenzellen zusammen mit einer Eizelle in eine Petrischale gegeben werden und die Befruchtung ohne weitere „Unterstützung“ abläuft, wird bei der ICSI pro Eizelle ein einziger Samenfaden ausgewählt und in das Zytoplasma der Zelle gespritzt. Dafür wird die Eizelle unter dem Mikroskop fixiert und das Spermium mithilfe einer sehr feinen Nadel in den Zellkern injiziert. Dieser Vorgang wird mit mehreren Eizellen und Samenfäden durchgeführt, um im Idealfall mehrere Embryonen zu erhalten. Nach Abschluss der Behandlung werden die injizierten Eizellen in eine neue Kulturschale mit einer frischen Nährlösung gesetzt.
Nach etwa 18 Stunden im Brutschrank kann festgestellt werden, bei welchen Eizellen die Befruchtung tatsächlich Erfolg hatte. Nach 24 bis 72 Stunden liegt dann bereits eine ausreichende Zellteilung vor und die befruchtete Eizelle ist ins Embryonenstadium eingetreten.
Mithilfe eines neuen Verfahrens, dem sogenannten Assisted Hatching, kann das Einnisten des Embryos in die Gebärmutter unterstützt werden. Dazu wird mithilfe eines Lasers die Eihülle ausgedünnt, um dem Embryo das Schlüpfen zu erleichtern. Die Gefahr, den Embryo dabei zu verletzen, ist praktisch ausgeschlossen.
Liegen in der Familie des Paares, dass sich einer Kinderwunschbehandlung unterzieht, schwerwiegende Erbkrankheiten vor, sodass eine starke Schädigung von Nachkommen als wahrscheinlich gilt, ist es den Reproduktionsmedizinern möglich, mithilfe der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) schwerwiegende Erbkrankheiten beziehungsweise genetische Erkrankungen und Chromosomenschäden ausfindig zu machen. Die Präimplantationsdiagnostik kann zum Einsatz kommen, wenn Verdacht auf eine schwere monogen vererbbare Krankheit (Mutation auf einem Gen), eine Chromosomenstörung oder eine geschlechtsgebundene schwere Erbkrankheit besteht. Mithilfe der angewandten Methoden kann zwischen gesunden und defekten Embryonen selektiert werden.
Nun kann der Embryonentransfer in die Gebärmutter der Frau stattfinden. Wie auch bei einer IVF-Behandlung wird die Eizelle ambulant mit einem Katheter über Scheide und Muttermund in der Gebärmutter platziert. Je nach Alter der Frau werden bis zu drei befruchtete Eizellen eingepflanzt, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung zu erhöhen.