Bei Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine Erkrankung, bei der die Schilddrüse vom eigenen Immunsystem angegriffen wird und hierdurch chronisch entzündet ist. Auf Dauer führt dies bei den meisten Betroffenen zu einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
Ihren Namen verdankt sie dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto, der die Erkrankung zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieb. „Thyreoiditis“ steht hierbei für eine Schilddrüsenentzündung. Weniger geläufige Bezeichnungen für die Erkrankung lauten „lymphozytäre Thyreoiditis“ oder „Autoimmunthyreoiditis“. Bei der seltenen hypertrophen Form vergrößert sich die Schilddrüse. Es kommt zu einem sichtbaren Kropf und Symptomen einer Überfunktion (Hyperthyreose).
Meist führt die chronische Schilddrüsenentzündung jedoch dazu, dass nicht mehr ausreichend Schilddrüsenhormone in den Körper gelangen. Denn bei der hierzulande verbreiteten atrophen Form schrumpft die Schilddrüse durch die Entzündung.
Hashimoto-Thyreoiditis und Kinderwunsch
Hashimoto ist eine Autoimmunerkrankung, die eine chronische Schilddrüsenentzündung verursacht. Unerkannt kann sie bei Frauen dazu führen, dass ein Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Mit der richtigen Behandlung lässt sich die Erkrankung jedoch gut behandeln und auch der Kinderwunsch kann in Erfüllung gehen.
Hashimoto-Thyreoiditis und Kinderwunsch im Überblick
Was ist Hashimoto-Thyreoiditis?
Wie häufig ist die Erkrankung?
Es gibt widersprüchliche Aussagen über die Häufigkeit von Hashimoto-Thyreoiditis. Wichtig ist, klinische und subklinische Erscheinungsformen zu unterscheiden. Bei subklinischen Formen geben Antikörper im Blut Hinweise auf die Erkrankung. Es besteht jedoch (noch) keine Schilddrüsenunterfunktion.
Eine zu behandelnde Hypothyreose in Verbindung mit Hashimoto liegt bei geschätzt ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung vor.
Frauen sind rund doppelt so häufig betroffen wie Männer. Einige Experten gehen davon aus, dass rund zehn bis 15 Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens an Hashimoto leiden. Das Erkrankungsalter liegt meist zwischen 30 und 50 Jahren.
Ursachen für Hashimoto-Thyreoiditis
Wie bei vielen autoimmunen Erkrankungen sind auch die Ursachen für die Hashimoto-Thyreoiditis nicht hinreichend geklärt. Sicher ist: Es besteht eine erbliche Veranlagung. Hormonelle Umstellungsphasen wie Pubertät und Wechseljahre sowie andauernder Stress können Hashimoto begünstigen. Kommt es zu einer überdurchschnittlich hohen Jodzufuhr, dem sogenannten „Jodexzess“, steigt nachgewiesenermaßen das Risiko für Hashimoto.
Dies kann bei einer Kontrastmitteluntersuchung der Fall sein. Kontrovers diskutiert werden verschiedene Umwelteinflüsse und eine zu hohe Jodaufnahme über die Nahrung als weitere Auslöser. Die Erkrankung trifft häufig im Zusammenhang mit anderen immunologisch bedingten Störungen auf – beispielsweise mit Diabetes Typ I, der „Weißfleckenkrankheit“ Vitiligo oder Zöliakie.
Auch verschiedene Viruserkrankungen treten häufiger im Zusammenhang mit Hashimoto auf. Interessant für Frauen mit Kinderwunsch ist, dass Hashimoto überdurchschnittlich häufig mit dem Polyzystischen Ovar-Syndrom (PCOS) einhergeht – einem weiteren Faktor, der eine Schwangerschaft erschweren kann.
Weitere Informationen zum Polyzystischen-Ovar-Syndrom (PCOS)
Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis
Bei einer Hashimoto-Erkrankung können sich Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion wie Reizbarkeit, Nervosität, Heißhunger schleichend einstellen, wieder abklingen und in Symptome einer Unterfunktion der Schilddrüse übergehen.
Mögliche Symptome bei Hashimoto-Thyreoiditis mit Schilddrüsenunterfunktion:
- Kälteempfindlichkeit
- Müdigkeit, Apathie, Antriebslosigkeit
- Gedächtnisstörungen
- blasse, trockene Haut
- Wasseransammlungen (Ödeme)
- Haarausfall, brüchige Nägel
- Verstopfung
- depressive Verstimmungen
- Gewichtszunahme
- bei fortgeschrittener Schilddrüsenunterfunktion: niedriger Puls, erhöhter diastolischer Blutdruck, Herzmuskelschwäche, Herzbeutelerguss
Sowohl eine Schilddrüsenunter- als auch eine Überfunktion können mit einer eingeschränkten Fruchtbarkeit einhergehen. Da viele Betroffene die Symptome nicht zuordnen können oder sie auf äußere Faktoren wie einen stressigen Alltag zurückführen, wird die Erkrankung häufig erst spät erkannt.
Hashimoto & Kinderwunsch
Die Schilddrüse gilt als gynäkologisches Schlüsselorgan, weswegen Hashimoto-Thyreoiditis einen großen Einfluss auf die Fruchtbarkeit nehmen kann. Die Erkrankung macht nicht per se unfruchtbar. Allerdings senkt sie je nach Verlaufsform die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Schwangerschaft beträchtlich.
Sowohl eine Unter- als auch eine Überfunktion der Schilddrüse können dazu führen, dass eine Frau trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs zum Zeitpunkt des Eisprungs nicht schwanger wird. Denn die Schilddrüsenhormone beeinflussen unter anderem die Geschlechtshormone Progesteron und Östrogen. Hashimoto kann dazu führen, dass der Zyklus unregelmäßig ist oder erst gar kein Eisprung stattfindet. Hinzu kommt bei Hashimoto ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten.
Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen
Erster Ansprechpartner für den Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung können der Hausarzt oder bei unerfülltem Kinderwunsch der Gynäkologe sein. In der Regel steht ein Blutbild am Anfang der Diagnose. Bei einem bestehenden Kinderwunsch können hier weitere Faktoren wie Anti-Müller-Hormon-Status, FSH oder Progesteron bestimmt werden.
Treten im Blutbild Auffälligkeiten auf, die auf eine Schilddrüsenstörung hinweisen, kann der Gynäkologe an einen Endokrinologen überweisen.
Für die Schilddrüse sind folgende Untersuchungen von Bedeutung:
Thyreotropin (TSH)
TSH ist in unserem Körper unter anderem für die Bildung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 zuständig. Wenn die Schilddrüsenfunktion eingeschränkt ist, steigt der TSH-Wert. Warum ist das so? Zur Erklärung schauen wir auf den Wirkmechanismus: Der Hypothalamus gibt den Botenstoff TRH ab. TRH bewirkt die Ausschüttung von TSH aus der Hirnanhangdrüse. TSH setzt T3 und T4 frei. Der Hypothalamus richtet seine TRH-Produktion am vorhandenen T3 und T4 im Blut aus. Sinken die Werte für diese Hormone, schüttet er mehr TRH aus. Darum steigt der TSH-Spiegel.
Die Normwerte für TSH liegen zwischen 0,4 und 4,0 mU/l, bei Kinderwunsch sollte der Wert maximal bei 2,5 mU/l liegen. Zu viel TSH im Blut kann ein Hinweis auf eine Hashimoto-Thyreoiditis sein. Ist dies der Fall und es besteht gleichzeitig ein Kinderwunsch, ist der TSH-Wert im Idealfall niedriger, nämlich bei um 1,0 mU/l einzustellen – dazu später mehr.
Periphere Schilddrüsenwerte: T3, T4
T3 und T4 sind Schilddrüsenhormone, wobei T4 – auch L-Thyroxin – vor allem als Vorstufe für das wirksamere T3 dient. Im Körper ist der Großteil der Schilddrüsenhormone an Proteine gebunden. Nur ungebundenes, also „freies“ T3 und TF – abgekürzt als fT3 und fT4 – fungiert als Botenstoff. Das Labor untersucht diese freien Werte. Die Normbereiche liegen für fT3 zwischen 3,4 - 7,2 pmol/l. Für fT4 zwischen 10 – 28 pmol/l. Diese Referenzwerte können von Labor zu Labor variieren.
Weil TSH und fT3 beziehungsweise fT4 sich gegenseitig beeinflussen, ergibt sich bei Hashimoto und Schilddrüsenunterfunktionen meist eine typische Konstellation: Es finden sich zu wenige Schilddrüsenhormone im Körper, während der TSH-Wert erhöht ist. Liegen hingegen TSH, fT3 und fT4 unter den Referenzwerten, kann dies auf eine Unterfunktion der Hirnanhangdrüse hinweisen. Umgekehrt gilt: Ist der TSH-Wert zu niedrig, die Werte für fT3 und fT4 jedoch erhöht, ist eine Überfunktion der Schilddrüse wahrscheinlich. Dies ist in seltenen Fällen bei einer Hashimoto-Thyreoiditis der Fall.
Antikörper bestimmen
In manchen Fällen sind TSH, fT4 und fT3 im Normbereich, obwohl eine Hashimoto-Thyreoiditis vorliegt. Bei Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion oder bei unerfülltem Kinderwunsch ohne bekannte Ursache kann es darum sinnvoll sein, Betroffene auf bestimmte Antikörper zu untersuchen. Hierfür führen die Experten eine Bestimmung der Schilddrüsen-Antikörper MAK, TAK und TRAK durch. Typisch für Hashimoto-Thyreoiditis sind erhöhte MAK- und TAK-Werte.
MAK
MAK steht für „mikrosomale Antikörper“. Mikrosomen sind kleine Strukturen innerhalb der Schilddrüsenzellen. Weil diese Antikörper sich auch gegen das Enzym TPO richten, bezeichnen manche Labore sie auch als „TPO-Antikörper“. Bei dem Großteil der Hashimoto-Patienten ist dieser Wert erhöht. Er sollte unter 34 U/ml liegen.
TAK
TAK steht „Thyreoglobulin-Antikörper“ – teils findet sich auch die Bezeichnung „Tg-Ak“. Sie greifen Thyreoglobulin an – das Eiweiß, aus dem die Schilddrüse die Hormone T3 und T4 bildet. Ein erhöhtet TAK-Wert kann bei Hashimoto allein oder in Kombination mit einem erhöhten MAK-Wert auftauchen. Der Referenzbereich für TAK liegt bei unter 40 U/ml.
Sonographie der Schilddrüse
Die Sonographie zählt zu den Standard-Untersuchungen einer Hashimoto-Diagnose. Liegen die TSH-Werte im Normbereich, was in bestimmten Phasen der Erkrankung der Fall sein kann, zählt sie neben der Antikörper-Bestimmung zu den einzigen Möglichkeiten, Hashimoto zu diagnostizieren. Denn das Ultraschallbild dokumentiert die Zerstörung der Schilddrüse: Das abgebildete Gewebe ist inhomogen. Im Sonogramm erkennbar stark durchblutete Bereiche können auf Entzündungen hinweisen. Auch die Größe der Schilddrüse unterstützt die Diagnose-Stellung. Haben Betroffene mit Überfunktion eine vergrößerte Schilddrüse, lässt sich dies ebenfalls im Sonogramm ablesen – oft ist jedoch bereits äußerlich ein Kropf (Struma) sichtbar. Bei der weitaus häufiger vorkommenden Hypothyreose liegt die Schilddrüsengröße unter der Norm – die Referenzwerte sind jedoch Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Schilddrüsenszintigraphie
In einigen Fällen ist eine Hashimoto-Erkrankung schwer von einer anderen immunologischen Erkrankung der Schilddrüse, Morbus Basedow, zu unterscheiden. Morbus Basedow geht mit einer Überproduktion der Schilddrüsenhormone einher. Eine Szintigraphie der Schilddrüse kann bei der Diagnose helfen. Bei der Szintigrafie wird eine geringe und nicht gesundheitsschädliche Menge eines radioaktiven Medikaments in eine Vene gespritzt. Nach rund 20 Minuten reichert sich das Medikament in der Schilddrüse an. Eine spezielle Kamera stellt diese Anreicherungen bildlich dar. Bei Morbus Basedow lagert sich mehr des Medikaments im Gewebe an, bei Hashimoto weniger.
Histologische Untersuchung nach Feinnadelpunktion
Bei dieser Untersuchungsmethode entnimmt der Arzt mit einer feinen Nadel Schilddrüsengewebe und lässt dies mikroskopisch untersuchen. Hierdurch können Entzündungen im Schilddrüsengewebe nachgewiesen werden. Eine hohe Anzahl von Lymphozyten und Lymphfollikeln spiegelt die entzündlichen Vorgänge in der Schilddrüse.
Hashimoto-Behandlung bei Kinderwunsch
Hashimoto-Thyreoiditis ist nicht heil-, aber gut behandelbar. Allerdings müssen Betroffene etwas mitbringen, was viele Frauen mit Kinderwunsch auf die Probe stellt: Geduld. Sie müssen fortan täglich Schilddrüsenhormone zu sich nehmen. Am unkompliziertesten ist die Einnahme von reinem L-Thyroxin, also T4.
Auch eine Kombination aus T4 und T3 kann sinnvoll sein, wenn die Umwandlung von T4 in T3 im Körper gestört ist. Die Einstellung von Hashimoto-Thyreoiditis-Patientinnen mit Kinderwunsch kann Monate dauern. Im Gegensatz zu einer Schilddrüsenunterfunktion ohne nachweisbare Antikörper ist es wichtig, den TSH-Wert auf zirka 1 U/ml – einige Experten empfehlen um die 1,5 U/ml – zu senken. Es kann zu Krankheits-Schüben kommen, die die Einstellung erschweren.
Grundsätzlich gilt: Je länger die Hashimoto-Thyreoiditis besteht, desto aufwändiger ist die korrekte Einstellung. Gelingt diese, können Patientinnen nicht nur beschwerdefrei leben, sondern auch leichter schwanger werden.
Frauen mit Kinderwunsch und einer Hashimoto-Erkrankung sollten keine zusätzlichen Jod-Präparate nehmen. Denn diese können sich negativ auf die Erkrankungsaktivität auswirken. Da viele Frauen mit Hashimoto auch unter einer Gelbkörperschwäche leiden, kann die kontrollierte Gabe von Progesteron den Kinderwunsch unterstützen. Wie bei vielen Autoimmunerkrankungen können ein gesundes Körpergewicht, Vermeiden von Stress und regelmäßige Bewegung sowie eine gesunde Ernährung die Erkrankung positiv beeinflussen.
Hashimoto während der Schwangerschaft
Nach dem Eintreten einer Schwangerschaft werden die Schilddrüsenwerte von Hashimoto-Patientinnen engmaschig kontrolliert. Denn durch die Schwangerschaft steigt der Bedarf an Schilddrüsenhormonen um bis zu 30 Prozent.
Patientinnen erhalten also weiterhin L-Thyroxin – gegebenenfalls in erhöhter Dosis. Leider liegt auch bei einem gut eingestellten TSH-Wert die Fehlgeburtsrate bei Hashimoto-Patientinnen durchschnittlich etwas höher als bei Frauen ohne die Erkrankung. Abhängig von weiteren Parametern können Medikamente wie Heparin oder Acetylsalicylsäure die Aussichten auf eine gesunde Schwangerschaft verbessern. Um den Jod-Bedarf des Embryos für eine gesunde Entwicklung zu decken, ist bei den meisten Hashimoto-Patientinnen während der Schwangerschaft die Aufnahme von zusätzlichem Jod anzuraten. Über die genaue Dosierung berät der Gynäkologe beziehungsweise der Endokrinologe.
Auch nach der Geburt sind die Schilddrüsenwerte engmaschig zu kontrollieren. Sind die Hormone nicht in Balance, kann es beispielsweise zu Problemen beim Stillen kommen. Durch die Hormonumstellungen im Körper besteht außerdem die Gefahr für einen weiteren Schub. Ist die Erkrankung nach der Geburt erfolgreich eingestellt, können die Kontrollabstände größer werden.
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