Lichen sclerosus Behandlung

Anders als eine Hüftarthrose oder Schnupfen gehört Lichen sclerosus zu den Krankheiten, über die kaum jemand spricht. Die chronisch verlaufende Hauterkrankung betrifft vor allem, aber nicht nur, Frauen. Zu den körperlichen Beschwerden kommen häufig psychische Folgen der Erkrankung: Betroffene fühlen sich im wörtlichen Sinne unwohl in ihrer Haut. Je früher eine Therapie ansetzt, desto besser lässt sich Lichen sclerosus behandeln.

Was ist Lichen sclerosus?

Die Bezeichnung „lichen sclerosus“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „trockene Flechte“. Dieser Name leitet sich vom Erscheinungsbild der Erkrankung ab: Charakteristisch für sie sind die weißlichen, harten Hautknoten, die im späteren Verlauf Narbengewebe („Sklerose“ für „Vernarbung“) ähneln. Lichen sclerosus ist eine chronische, meist in Schüben verlaufende Krankheit der Haut, genauer gesagt: des Bindegewebes. Die Fibroblasten, die Binde- und Narbengewebe aufbauen, sind dabei übermäßig aktiv. Der Hautaufbau ist somit gestört, es kommt zu entzündlichen Prozessen in der Haut. Warum die Haut erkrankt, ist ungewiss. Experten vermuten Hormonstörungen oder Schäden am Immunsystem als Ursache. Zwar sind die Gründe für Lichen sclerosus noch unbekannt, sicher ist aber: Die Krankheit ist nicht ansteckend.

Wie häufig ist Lichen sclerosus?

Schätzungen gehen davon aus, dass 2 bis 4 Prozent aller Frauen unter Lichen sclerosus leiden. Mindestens jede 50. Frau ist also von der Erkrankung betroffen. 0,5 bis zwei Prozent der Männer entwickeln im Lauf ihres Lebens Lichen sclerosus. Bei Kindern erkrankt eins von 900. Möglicherweise ist die Dunkelziffer höher, weil viele Patienten aus Schamgefühlen den Gang zum Arzt lange Zeit vermeiden.

Risikogruppen: Wer erkrankt an Lichen sclerosus?

Am häufigsten leiden erwachsene Frauen an Lichen sclerosus. Bei vielen Betroffenen treten erste Symptome im gebärfähigen Alter auf und verschwinden für Jahre, um nach den Wechseljahren erneut aufzuflammen. Die „typische“ Lichen-sclerosus-Patientin ist 50 Jahre alt. Mediziner gehen davon aus, dass zehn Prozent der Erkrankten einen familiären Hintergrund haben – es kann also eine Veranlagung zu Lichen sclerosus bestehen. Schätzungen zufolge ist etwa die Hälfte aller Fälle genetisch bedingt.

Es besteht darüber hinaus auch ein Zusammenhang zu hormonellen Veränderungen. So haben Frauen, die bis zu den Wechseljahren mit der "Pille" verhütet haben, ein höheres Risiko an Lichen sclerosus zu erkranken. Oft tritt die Hautkrankheit auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auf. Dazu gehören Diabetes mellitus, vor allem bei Männern, und Schilddrüsenerkrankungen bei Frauen. Auch verschiedene Autoimmun- und entzündliche Darmkrankheiten zählen zu den Begleiterkrankungen.

Möglicherweise spielen Traumata im Genitalbereich eine Rolle, indem sie den Ausbruch von Lichen sclerosus triggern. Ursächlich hierfür können sein: starkes Kratzen, enge Kleidung, chirurgische Eingriffe, Intimschmuck und sexueller Missbrauch.

Lichen sclerosus: Symptome

„Typisch“ für die Krankheit sind die weißlichen Hautveränderungen im Genitalbereich. Allerdings kann Lichen sclerosus auch atypisch verlaufen.
Zu den möglichen Symptomen zählen:

  • Jucken und Brennen im Intimbereich
  • Rötungen
  • Verhärtungen der Haut
  • Einreißen der Haut beim Geschlechtsverkehr
  • weiße Stellen im Genitalbereich
  • Narbenbildung
  • Vorhautverengung (Phimose) bei Männern
  • Schmerzen beim Wasserlassen/Blasenbeschwerden ohne Bakterien im Urin
  • im späteren Verlauf: Rückbildung der Schamlippen bei Frauen, Scheideneingangsverengung

Die Symptome treten vor allem im Genitalbereich – inklusive Damm, Gesäßfalte und Anus – auf. Bei Frauen sind die Innenseiten der kleinen und großen Schamlippen sowie die Klitorisvorhaut oft symmetrisch betroffen. Experten bezeichnen die optische Ausprägung der Symptome auch als „Figure of Eight“.
Ohne Therapie kann es zu starken Veränderungen des Vaginalbereichs durch Narbenbildung kommen. Bei rund 10 Prozent der Frauen finden sich Hautveränderungen außerdem auch in anderen Arealen, wie zum Beispiel in der Unterbrustfalte. Bei Männern kommt es meist zu Symptomen an Eichel und Vorhaut – bei ihnen sind Perianalregion sowie übrige Haut fast nie betroffen.

Mögliche Folgeerkrankungen bei Lichen sclerosus

Wird Lichen sclerosus nicht behandelt, kann sich nicht nur das Beschwerdebild drastsisch verschlimmern, es kann auch zu Folgeerkrankungen kommen.
Da die Barrierefunktion der Haut im betroffenen Bereich geschwächt ist, neigen Patientinnen mit Lichen sclerosus unter anderem zu Pilzinfektionen und Feigwarzen.
Bei rund 4 bis 6 Prozent der betroffenen Frauen entwickeln sich im Verlauf der Erkrankung bösartige Tumore in Form von Plattenepithelkarzinomen. Verhärtete Plaques, Knoten und nicht heilende, wunde Stellen sollten darum zeitnah biopsiert werden. Ursache für das erhöhte Krebsrisiko sind vermutlich die chronischen Entzündungen in Kombination mit oxidativer Schädigung der DNA.

Verdacht auf Lichen sclerosus -wann zum Arzt?

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen? Viele Menschen, die Beschwerden oder Veränderungen im Intimbereich bemerken, zögern und möchten lieber erst einmal abwarten. Keine gute Idee. Denn je früher Lichen sclerosus diagnostiziert wird, desto schneller kann eine Behandlung die Symptome eindämmen, die Lebensqualität verbessern und unangenehme Spätfolgen verhindern.
Bei Juckreiz oder anderen Beschwerden im Intimbereich sollten Betroffene darum schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen. Geeignete Ansprechpartner rund um Veränderungen der Haut im Intimbereich sind Dermatologen, Gynäkologen oder Urologen.

Lichen-sclerosus-Diagnose

Meist kommt es aufgrund der Schilderung der Symptome in Kombination mit den charakteristischen weißen Hautstellen zu einer Blickdiagnose seitens des Experten. Manche Ärzte möchten die Blickdiagnose bei Erwachsenen mittels einer Biopsie absichern. Im Anschluss wird das entnommene Gewebe in einem Labor untersucht. Der Nutzen von Biopsien bei Lichen sclerosus zur Erstdiagnose ist allerdings umstritten. Als sinnvoll werden sie vor allem zum Ausschluss von bösartigen Veränderungen und nach erfolgloser Therapie erachtet.

Da Lichen sclerosus die Immunabwehr der Haut schwächt, können Symptome zum Beispiel mit Pilzinfektionen zusammen auftreten. Dies kann eine Diagnose der zugrundeliegenden Hautkrankheit erschweren. So geht eine Pilzerkrankung ebenfalls mit starkem Juckreiz einher. Auch bilden sich nicht immer frühzeitig weiße Hautareale bei Lichen sclerosus. Erfahrene Spezialisten werden die Differentialdiagnosen zu Lichen sclerosus entsprechend abgrenzen können.

Zu diesen gehören die zirkumskripte Sklerodermie (CS), die auch „Morphea“ genannt wird, Lichen planus, die „Weißfleckenkrankheit“ Vitiligo, Ekzeme, Schuppenflechte (Psoriasis), autoimmune und blasenbildende Dermatosen sowie Candida-Pilzinfektionen.

Behandlung von Lichen sclerosus

Für Lichen sclerosus gibtes – zumindest bei Frauen- bislang keine Heilung. Allerdings kann ein Großteil der Betroffenen mit der passenden Therapie ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen. Bewährt hat sich die medikamentöse Therapie mit Salben, die lebenslang erfolgen muss. Auch moderne Lasertherapien können das Beschwerdebild deutlich lindern.
Gynäkologen, Dermatologen oder Urologen sind die idealen Ansprechpartner, um Patienten ein individuelles Therapieschema mit auf den Weg zu geben. Es ist wichtig, sich auch nach Abklingen der Symptome daran zu halten, um Rückfälle zu vermeiden.

Kortisontherapie bei Lichen sclerosus

Den größten Erfolg bringt eine initiale Schubtherapie mit Glukokortikosteroiden in Form von hochpotenten Kortisonsalben. Dabei tragen von genitalem Lichen sclerosus betroffene Frauen und Männer ein- oder zweimal täglich eine Fingerkuppe der jeweiligen Salbe auf die Hautbereiche auf. Ein Handspiegel kann insbesondere zu Beginn der Therapie hilfreich sein. Ergänzend kommen häufig Calcineurinhemmer – siehe unten – zum Einsatz.
Bei mehr als drei Viertel der Patientinnen kommt es im Verlauf von drei Monaten zu signifikanten Verbesserungen der Beschwerden. Rund die Hälfte der Männer reagiert mit deutlicher Verbesserung der Symptome auf die Therapie mit Salben. Alternativ kann die Kortisontherapie via Injektion in die betroffenen Hautbereiche erfolgen.

Nach zwölf Wochen ist die Therapie anzupassen. Je nach Ausprägung der Symptome können die Abstände der Kortisongabe verlängert werden. Viele Patientinnen erreichen bei zweimal wöchentlicher Gabe eines mittelstarken oder starken Kortikosteroids Beschwerdefreiheit. Es ist wichtig, die Therapie weiterzuführen, um Rückfällen vorzubeugen. Auch bei langfristiger Anwendung von kortisonhaltigen Salben treten selten Nebenwirkungen auf. Der behandelnde Arzt empfiehlt spezielle Hautpflegemittel für den Genitalbereich. Hierzu gehören rückfettende Salben, beispielsweise paraffin- und vaselinhaltige Salben ohne Duftstoffe, oder Öle. Diese pflegen und halten die Haut elastisch. Die Erhaltungstherapie reduziert nicht nur das Risiko für neue Schübe, sondern auch die Gefahr für Krebserkrankungen im Genitalbereich.

Spätestens nach der initialen Behandlung, also nach drei Monaten mit Kortisonsalben, sollte eine Kontrolle durch den Arzt erfolgen. Er kann im Anschluss die Dosierung anpassen und die Erhaltungstherapie optimal einleiten. Bei der anschließenden Langzeitbehandlung empfiehlt sich eine Kontrolle alle sechs Monate, später jährlich. Bleibt bei männlichen Patienten der Rückgang der Symptome nach der Schubtherapie aus, ist die Beschneidung eine alternative Möglichkeit mit hervorragenden Aussichten auf vollständige Remission.

Calcineurinhemmer bei Lichen sclerosus

Kortisonsalben sind rund um Lichen sclerosus das Mittel der ersten Wahl. Calcineurinhemmer wie die Wirkstoffe Tacrolimus und Pimecrolimus wirken entzündungshemmend und unterdrücken das Immunsystem. Häufig kommen sie bei Lichen sclerosus ergänzend zu Kortisonsalben zum Einsatz, was sich positiv auf den Therapieerfolg auswirkt. Liegt eine Unverträglichkeit gegen Kortison vor, bieten sie eine alternative Therapiemöglichkeit. Experten bezeichnen Calcineurinhemmer auch als Calcineurininhibitoren (CNI) oder Immunmodulatoren.

Zirkumzision bei Männern und Jungen

Die Beschneidung der Vorhaut (Zirkumzision) gilt bei Männern und Jungen bei unkompliziertem Lichen sclerosus als Therapie mit hervorragenden Heilungschancen. Bei Männern und Jungen führt dieser Eingriff bei 90 bis 100 Prozent der Betroffenen zum vollständigen und langfristigen Verschwinden aller Symptome.

Lichen sclerosus: Therapie bei Kindern

Die Therapie von Kindern ist speziell an diese angepasst. Bei einigen Kindern – schätzungsweise 25 Prozent der betroffenen Mädchen – bildet sich Lichen sclerosus in der Pubertät vollständig zurück und kommt nicht wieder. Bei der Mehrzahl der Kinder kommt es allerdings viele Jahre später erneut zu Symptomen. Therapie und Abstände der Untersuchungen können bei Kindern und jungen Erwachsenen mit einer Lichen-sclerosus-Vorgeschichte stark variieren. Für Jungen mit genitalem Lichen sclerosus zählt die Beschneidung zu den operativen Therapien mit besten Heilungschancen.

Lasertherapie bei Lichen Sclerosus

Die vaginale Lasertherapie hat sich inzwischen als wirkungsvolle und nachhaltige Behandlung (chronischer) Beschwerden im weiblichen Intimbereich etabliert. Die Laserbehandlung kommt dabei ganz ohne chirurgische Eingriffe oder den Einsatz von Hormonen aus sondern basiert auf Lichtenergie. Auch bei der Behandlung von Lichen sclerosus zeigt die vaginale Lasertherapie überzeugende Effekte. Die Lichttherapie verbessert innerhalb weniger Behandlungssitzungen die Struktur der Haut und beugt neuen Schüben vor. Idealerweise wird die Lasertherapie mit einer Kortisontherapie kombiniert.

Weitere Informationen zur vaginalen Lasertherapie

Weitere Therapieansätze bei Lichen sclerosus

Neben den Klassikern, der Therapie mit den genannten Salben, der Beschneidung bei Männern sowie der Lasertherapie, gibt es weitere Therapiemöglichkeiten. Diese dienen insbesondere dazu, die durch Lichen sclerosus ausgelösten Beschwerden einzudämmen.

Zu diesen Therapieansätzen gehören:

  • Physiotherapie, zum Beispiel bei starken Verspannungen im Beckenboden
  • Dehnen mit Dilatatoren bei Scheideneingangsverengungen
  • Lichttherapie bei extragenitalem Lichen sclerosus
  • Östrogensalben gegen Scheidentrockenheit
  • Selten: orale Einnahme von Vitamin-A-Säure-Präparaten
  • in Ausnahmefällen: Operation, z.B. bei Verklebung der Schamlippen

Ergänzend bieten sich je nach Ausprägung der Beschwerden Begleittherapien an. Hierzu können spezielle Entspannungsübungen gehören. Auch das Sexualleben und die Partnerschaft können in Mitleidenschaft gezogen werden.
Wer psychisch unter den Folgen der Erkrankung leidet, sollte nicht zögern, sich professionelle Hilfe zu suchen. Psychotherapeuten oder Sexualtherapeuten können geeignete Ansprechpartner sein. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen.

Kontakte bieten Selbsthilfegruppe wie zum Beispiel:
Lichen sclerosus Deutschland und Verein Lichen sclerosus Schweiz. Die Vereine bieten Workshops, gemeinsamen Austausch, Mediatheken und vieles mehr.

Alltag mit Lichen sclerosus

Die Diagnose „Lichen sclerosus“ geht für viele Betroffene mit der Erkenntnis einher, an einer unheilbaren Erkrankung zu leiden. Dies trifft insbesondere auf Frauen zu, die meist eine lebenslange Therapie benötigen.
Allerdings ist die Hautkrankheit im Genitalbereich gut behandelbar. Wer sich frühzeitig an einen Experten wie einen Facharzt für Dermatologie, Gynäkologie oder Urologie wendet, bekommt eine maßgeschneiderte Therapie.
Hierdurch wird auch das Risiko für bösartige Veränderungen, das bei Frauen mit unbehandelter Lichen sclerosus einhergeht, reduziert. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann dabei helfen, mit den psychosozialen Folgen der Krankheit besser zurechtzukommen.

Da sich Lichen sclerosus bislang nicht heilen lässt, zielt die Therapie der Hauterkrankung primär darauf ab, das Beschwerdebild zu verbessern und Schüben vorzubeugen. Neben der medizinischen Behandlung können folgende Tipps den Alltag mit Lichen sclerosus verbessern und neuen Schüben vorbeugen:

  • Seidenunterwäsche statt Baumwoll- oder Synthetik-Unterwäsche
  • luftige Kleidung
  • weicher Fahrradsattel
  • weiches Toilettenpapier, kein feuchtes Toilettenpapier
  • milde Waschlotionen
  • Verzicht auf vaginale Spülungen
  • bei Bedarf Vaginalflora unterstützen, zum Beispiel via Döderlein-Kapseln
  • beim Geschlechtsverkehr geeignetes Gleitgel verwenden.

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